Bobby Sands, verurteilter IRA-Terrorist, starb am 5. Mai 1981: Im berüchtigten Maze-Gefängnis in Nordirland hungerte er sich zu Tode, um die britische Regierung zu zwingen, die Gefangenen aus den Reihen der katholischen Untergrundarmee IRA als politische Häftlinge anzuerkennen. Neun weitere Gefangene folgten ihm in den Tod. „Mein Leben in die Waagschale zu werfen“, sagte Sands, „ist nicht nur das Einzige, was ich tun kann – es ist das Richtige.“
Ebenso wenig wie Sands können die Menschen in seinem Umfeld aus den Grenzen jener Hölle heraustreten, zu der sich der Nordirland-Konflikt für alle entwickelt hat. Der Beamte, dessen Aufgabe es ist, mit Prügeln den Widerstand aufsässiger Häftlinge zu brechen, die Gefängniswärter, die regelmäßig die Zellen reinigen müssen, die die IRA-Häftlinge mit ihren Exkrementen beschmieren: Sie alle tun, was sie tun müssen. Mit Resignation, mit Bedauern, mit Wut oder mit Ekel.
Regisseur Steve McQueen konzentriert sich ganz auf ein Kammerspiel, bei dem jedes Wort, jedes Detail, jede Emotion wichtig wird. So entstand ein beklemmendes, intensives, mitunter schwer zu ertragendes und doch zutiefst beeindruckendes Dokument darüber, wozu Menschen fähig sind. Michael Fassbender brilliert als ein Mann, dessen Körper verschwindet, und doch geht es McQueen nie darum, einem Märtyrer ein Denkmal zu setzen – vielmehr zeigt er das Grauen auf beiden Seiten des Konflikts.
„Bevor der Film zum Kern vorstößt (…), führt er behutsam an den Handlungsort heran. Körperliche Gewalt wird vorerst ausgespart. (...) Informationen werden fast ausschließlich über eine Radiomeldung vermittelt und über die Originalstimme der damaligen Premierministerin Margaret Thatcher: ‚Es gibt keine politischen Morde, politischen Bombenangriffe oder politischen Gewalttaten. Es gibt nur kriminelle Morde, kriminelle Bombenangriffe oder kriminelle Gewalttaten.‘
(Der) erste Teil des Films ist von einem verstörenden Wechsel zwischen extremer Gewalt und großer Ruhe bestimmt. (…) Im zweiten Teil findet die Wendung vom Körperlichen zum Sprachlichen statt. Bobby Sands liefert sich hier in einer länger als 20-minütigen, nahezu ungeschnittenen Szene ein Rededuell mit einem katholischen Priester. Nach dem einleitenden Geplänkel kündigt er seinen Hungerstreik an, den er bis zu tödlichen Konsequenzen zu führen bereit ist. (…) Bald sieht man seinen schwindenden Körper, unter der Haut zeichnen sich seine Knochen ab, blutige Stellen treten hervor. So qualvoll dieses Sterben ist, im letzten, schweigenden Teil des Films breitet sich eine sonderbare Friedlichkeit aus. Der Körper bekommt etwas Sakrales, wird behutsam angefasst, gebadet, auf weiße Laken gebettet. In Gedanken bewegt sich Sands in die Zeit seiner Kindheit zurück und streift durch die Natur, verlässt das Gefängnis und schließlich für immer seinen Körper.“ (Esther Buss, in: Filmdienst)
Steve McQueen drehte mit „Hunger“ seinen ersten Kinofilm. Es folgten weitere Meisterwerke wie „Shame" (2011), „12 Years a Slave" (2013), „Widows – Tödliche Witwen" (2018) sowie die Serie „Small Axe" (2020). Für „12 Years a Slave" wurde er mit dem „Oscar“ für den besten Film ausgezeichnet.
Bobby Sands, verurteilter IRA-Terrorist, starb am 5. Mai 1981: Im berüchtigten Maze-Gefängnis in Nordirland hungerte er sich zu Tode, um die britische Regierung zu zwingen, die Gefangenen aus den Reihen der katholischen Untergrundarmee IRA als politische Häftlinge anzuerkennen. Neun weitere Gefangene folgten ihm in den Tod. „Mein Leben in die Waagschale zu werfen“, sagte Sands, „ist nicht nur das Einzige, was ich tun kann – es ist das Richtige.“
Ebenso wenig wie Sands können die Menschen in seinem Umfeld aus den Grenzen jener Hölle heraustreten, zu der sich der Nordirland-Konflikt für alle entwickelt hat. Der Beamte, dessen Aufgabe es ist, mit Prügeln den Widerstand aufsässiger Häftlinge zu brechen, die Gefängniswärter, die regelmäßig die Zellen reinigen müssen, die die IRA-Häftlinge mit ihren Exkrementen beschmieren: Sie alle tun, was sie tun müssen. Mit Resignation, mit Bedauern, mit Wut oder mit Ekel.
Regisseur Steve McQueen konzentriert sich ganz auf ein Kammerspiel, bei dem jedes Wort, jedes Detail, jede Emotion wichtig wird. So entstand ein beklemmendes, intensives, mitunter schwer zu ertragendes und doch zutiefst beeindruckendes Dokument darüber, wozu Menschen fähig sind. Michael Fassbender brilliert als ein Mann, dessen Körper verschwindet, und doch geht es McQueen nie darum, einem Märtyrer ein Denkmal zu setzen – vielmehr zeigt er das Grauen auf beiden Seiten des Konflikts.
„Bevor der Film zum Kern vorstößt (…), führt er behutsam an den Handlungsort heran. Körperliche Gewalt wird vorerst ausgespart. (...) Informationen werden fast ausschließlich über eine Radiomeldung vermittelt und über die Originalstimme der damaligen Premierministerin Margaret Thatcher: ‚Es gibt keine politischen Morde, politischen Bombenangriffe oder politischen Gewalttaten. Es gibt nur kriminelle Morde, kriminelle Bombenangriffe oder kriminelle Gewalttaten.‘
(Der) erste Teil des Films ist von einem verstörenden Wechsel zwischen extremer Gewalt und großer Ruhe bestimmt. (…) Im zweiten Teil findet die Wendung vom Körperlichen zum Sprachlichen statt. Bobby Sands liefert sich hier in einer länger als 20-minütigen, nahezu ungeschnittenen Szene ein Rededuell mit einem katholischen Priester. Nach dem einleitenden Geplänkel kündigt er seinen Hungerstreik an, den er bis zu tödlichen Konsequenzen zu führen bereit ist. (…) Bald sieht man seinen schwindenden Körper, unter der Haut zeichnen sich seine Knochen ab, blutige Stellen treten hervor. So qualvoll dieses Sterben ist, im letzten, schweigenden Teil des Films breitet sich eine sonderbare Friedlichkeit aus. Der Körper bekommt etwas Sakrales, wird behutsam angefasst, gebadet, auf weiße Laken gebettet. In Gedanken bewegt sich Sands in die Zeit seiner Kindheit zurück und streift durch die Natur, verlässt das Gefängnis und schließlich für immer seinen Körper.“ (Esther Buss, in: Filmdienst)
Steve McQueen drehte mit „Hunger“ seinen ersten Kinofilm. Es folgten weitere Meisterwerke wie „Shame" (2011), „12 Years a Slave" (2013), „Widows – Tödliche Witwen" (2018) sowie die Serie „Small Axe" (2020). Für „12 Years a Slave" wurde er mit dem „Oscar“ für den besten Film ausgezeichnet.