Helke Misselwitz

Neugierig und tatendurstig, so blieb die Regisseurin ihr Leben lang

Helke Misselwitz (geb. 18.7.1947), Regisseurin: "Helke Misselwitz gehört zu den wichtigsten Filmemachern der letzten DEFA-Generation. Bereits während der Studienzeit fallen ihre filmischen Übungen auf, aber erst 1988 kann sie mit der Dokumentation WINTER ÁDE (1988) nationale Anerkennung erzielen. Die Dokumentation ist eine der wichtigsten über Frauen in der DDR, Sehnsüchte und Befindlichkeiten kommen ungefiltert zum Ausdruck. Auch danach dreht die Regisseurin erfrischende Arbeiterporträts, liefert ungeschminkte Bilder über die DDR-Jugend ab und verfilmt mit HERZSPRUNG (1992) einen der wenigen deutschen Filme über die politische und gesellschaftliche Aktualität kurz nach der politischen Wende in Ostdeutschland." (DEFA--Stiftung) Aus einem Porträt von Hans Helmut Prinzler: Sie kam, mit ihren großen Augen, neugierig und tatendurstig nach Babelsberg. Helke Misselwitz war 31 Jahre alt, als sie 1978 ihr Regiestudium an der „Hochschule für Film und Fernsehen der DDR“ begann. Sie hatte sieben Jahre in verschiedenen Funktionen beim Fernsehen der DDR in Adlershof und Johannisthal gearbeitet, einen Test als Ansagerin nicht bestanden, weil sie offenbar dazu neigte, ihre Mundwinkel spöttisch noch oben zu ziehen, wurde im Jugendfernsehen angestellt und wollte mehr, vor allem: „richtige“ Filme machen. Das konnte man, wenn man von einer Institution an die Filmhochschule delegiert wurde, dort lernen. Die Rückkehr wurde vorausgesetzt, die Festanstellung zugesichert. Aber Helke Misselwitz ging ihren eigenen Weg. Sie studierte (...) vier Jahre in Babelsberg und experimentierte mit Bildern und Tönen. Ihre Übungsfilme hießen VERSTECKE, EIN LEBEN, HAUS. FRAUEN. Ihre schriftliche Diplomarbeit ist ein Blick in die deutsche Geschichte: „Das Frauenbild im faschistischen deutschen Film – die Abhängigkeit seiner Darstellungsweise von der jeweiligen politischen Taktik, untersucht an ausgewählten Filmbeispielen des ‚Dritten Reiches’“. (...) Eine Rückkehr zum DDR-Fernsehen, wie sie eigentlich erwartet wurde, kam für Helke Misselwitz nach dem HFF-Abschluss nicht in Frage. Sie wollte unabhängig sein, auch wenn dies mit Risiken verbunden war. Es gab kleinere Aufträge vom DEFA-Studio (Kino-Vorfilme), und wenn keine Aufträge kamen, kellnerte sie oder wusch Teller in der Mitropa. Mitte der achtziger Jahre wurde Helke Misselwitz Meisterschülerin an der Akademie der Künste der DDR. Ihr Mentor: Heiner Carow. Sie realisiert 1987 ihren bekanntesten Dokumentarfilm: WINTER ADÉ. Der metaphorische Titel verbindet sich unvorhersehbar mit dem Ende der DDR zwei Jahre später. (...) Ihre Filme der Wendezeit – WER FÜRCHTET SICH VORM SCHWARZEN MANN (1989, über eine Kohlenhandlung auf dem Prenzlauer Berg, geleitet von einer Frau) und SPERRMÜLL (1990, über eine Punk-Band, die auf den seltsamsten Gegenständen Musik macht) – sind authentische Momentaufnahmen eines Zeitenwechsels, ohne dies pathetisch zu kommentieren. In den Neunzigern engagierte sich die – wie alle anderen DEFA-Angestellten inzwischen entlassene – Filmemacherin für den Schutz des DDR-Filmerbes und für die Rechte der Kreativen, aber es gab allenfalls Kompromisse, zum Beispiel mit der späteren Etablierung der DEFA-Stiftung.(...) Helke Misselwitz hat auf eine eigene bedingungslose Regiekarriere verzichtet. Es mangelt ihr nicht an den Fähigkeiten. Aber sie hat sich für eine andere Verantwortung entschieden: die neue Generation, den Nachwuchs auf den „richtigen“ Weg zu bringen. Ob der ins nahe gelegene Studio führt oder in die weite Realität des Landes, wird sich erweisen. (Das komplette Porträt ist nachlesbar unter https://www.hhprinzler.de/2012/02/helke-misselwitz)
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